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Diesel-Abgasskandal: Klares Urteil des OLG München gegen VW

von Florian Weis

Der Volkswagen-Konzern hat erstmals im Diesel-Abgasskandal vor dem Oberlandesgericht München eine herbe Schlappe einstecken müssen. Das Gericht stellte in einem Urteil (AZ.: 24 U 797/19) die „vorsätzliche sittenwidrige“ Schädigung fest und verurteilte den Autobauer zu Zahlung von Schadensersatz an den Kläger. Interessant ist das Urteil auch deshalb, weil der Kläger einen Audi Q3 fuhr. In der Vorinstanz hatte das Landgericht Memmingen die Klage noch mit dem Hinweis abgewiesen, dass der Volkswagen-Konzern der falsche Beklagte sei.

„Das Urteil ist ein weiterer Meilenstein im Kampf um Verbraucherrechte“, sagte Dr. Ralf Stoll von der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aus Lahr. „VW hat sich versucht, hinter Audi zu verstecken. Das Gericht hat das zum Glück in der zweiten Instanz erkannt und korrigiert.“ Mit dem Münchner Urteil zieht der Hinweisbeschluss des Bundesgerichtshofs vom 8. Januar 2019 (VIII ZR 225/17) zum VW-Diesel-Abgasskandal indirekt weitere Kreise. Zwar hat sich der BGH nur zu einer Frage des Gewährleistungsrecht geäußert und die strittige Abschaltvorrichtung als Mangel erkannt, aber letztlich werten viele Gerichte den Beschluss als Fingerzeig in Richtung „sittenwidriger Schädigung“ nach Paragraph 826 BGB.

Die Münchner Richter sahen den Hinweis, dass VW der falsche Beklagte war, völlig anders. Den im Abgasskandal strittigen und mit einer Abgasmanipulation in Umlauf gebrachten Motor aus der Baureihe EA 189 ordneten die Richter direkt VW zu. Die eingebaute Abschalteinrichtung sei eine „konkludente Täuschung“, unzulässig und widerspreche der europäischen Typengenehmigung. Die besagte Software erkenne, ob sich das Fahrzeug in einem Prüfzyklus zur Ermittlung der Emissionswerte befindet oder im normalen Fahrbetrieb. Im Prüfzyklus werde der Ausstoß von Stickoxiden verringert. Diese Abschalteinrichtung, so das OLG, sei bereits vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe in einem Hinweisbeschluss vom 8. Januar 2019 als Mangel erkannt worden. Die Münchner Richter verurteilten darüber hinaus VW gemäß Paragraph 826,31 BGB wegen „vorsätzlich sittenwidriger Schädigung“ zu Zahlung von Schadensersatz. Das Gericht wertete die Täuschung als vorsätzlich. Zudem rügte es den Konzern, wie bereits die Mehrheit der deutschen Landgerichte und Oberlandesgerichte, gegen das „Anstandsgefühl“ „gerecht Denkender“ verstoßen zu haben. VW wollte durch die Täuschung der Kunden, die eigenen Kosten senken und die Gewinne maximieren. Dies sei für das Gericht zwar nicht verwerflich, aber die Art und Weise der Täuschung schon. Das Oberlandesgericht München geht auch davon aus, dass zumindest Teile des VW-Vorstands in die Entscheidung, die Täuschungssoftware einzubauen, involviert gewesen sein müssen. VW hat bereits angekündigt, vor dem BGH in Revision zu gehen. Um eine Nutzungsentschädigung an VW ist der Kläger in dem Urteil nicht herumgekommen. In den vergangenen Wochen haben unterschiedliche Landgerichte VW im Diesel-Abgasskandal eine Nutzungsentschädigung verweigert.

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Abgasskandal mit mehr als 12.000 Gerichtsverfahren bundesweit. Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führen in der RUSS Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) außerdem die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG.

(ots)

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